Erdbeben in Italien sind regelmäßig in den Medien, Erdbeben in Deutschland seltener. Dabei bebt auch zwischen Alpen und Nordsee ab und zu der Boden, allerdings fallen die Schäden meist geringer aus als am Mittelmeer. „Trotzdem muss in einigen Gegenden Deutschlands erdbebensicher gebaut werden“, erklärt Dipl.-Ing. Stefan Hubenschmid, Sachverständiger beim Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Regionalbüros Konstanz.
Der Bodensee gehört zu den gefährdeten Regionen der Bundesrepublik. „Wir, auf der Nordseite des Sees, gehören zur Erbebenzone 2. Aber nur wenige Kilometer nördlich von uns beginnt bereits die Erbebenzone 3. Das ist die höchste Stufe in Deutschland“, erläutert der Sachverständige. „Dort muss entsprechend anders geplant und konstruiert werden.“ Das ist vielen Bauherren gar nicht bewusst. Auch manche Baufirmen, zumal, wenn sie nicht aus der betroffenen Region stammen, beherrschen das erdbebensichere Bauen nicht, ihre Mitarbeiter sind nicht geschult. Entsprechende Baumängel sind die Folge. Wird die Baustelle nicht sorgfältig kontrolliert, fallen diese Mängel nicht gleich auf, sondern erst, wenn beim nächsten Beben Risse und Schäden sichtbar werden.
Erdbebenregionen
In Deutschland gibt es vier Erdbebenregionen – von 0 bis 3. Festgelegt wurden die Erbebenzonen anhand von wissenschaftlichen Untersuchungen. Daraus entstand die erst kürzlich aktualisierte Erdbebenzonenkarte, die beim Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam hinterlegt ist.
Erdbebengebiete der Zonen 2 und 3 sind die Kölner Bucht, die Schwäbische Alb und der äußerste Südwesten Baden-Württembergs zwischen Freiburg und Basel. Zur Erbebenzone 1, mit weniger heftigen Erdbeben, gehören das Voralpenland, der Streifen von Chemnitz-Plauen bis nach Halle-Leipzig sowie der gesamte Rheingraben. In den betroffenen Bereichen müssen Gebäude entsprechend erdbebensicher geplant, konstruiert und gebaut werden – anders als im übrigen Land. Für das erdbebensichere Bauen erklärt das Landesbaurecht in den betroffenen Ländern technische Regelwerke für verbindlich, aus denen sich die entsprechenden Vorgaben ergeben.
Kompakte Grundrissformen
„Natürlich sind die erdbebensicheren Konstruktionen bei uns nicht so aufwändig wie in den Erdbebengebieten Japans, aber auch hier müssen Bauwerke Verformungen und Erdstöße aufnehmen und ausgleichen können“, erläutert Stefan Hubenschmid. „Grundbedingung für ein günstiges Schwingungsverhalten ist die Regelmäßigkeit des Bauwerkes. Das Bauwerk sollte sowohl im Grundriss als auch im Aufriss regelmäßig sein.“ Die Experten erreichen das, indem sie zum Beispiel kompakte Grundrissformen wählen, tragende Wände übereinander anordnen und ausreichende aussteifende Bauteile ohne Unterbrechung von der Gründung bis zur obersten Decke durchziehen…