Der Gap zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beim 73. Symposium „Die Zukunft des Wohnens“ stand das Thema soziale Nachhaltigkeit im Zentrum. Oft sind die Konzepte ambitioniert – doch die Wirklichkeit sieht dann anders aus. Soziale Nachhaltigkeit verlangt viel Zeit, Kreativität und ein positives Miteinander von Planern, Bauträgern, Hausverwaltung und Bewohnern.
— GISELA GARY

Der Andrang war groß. Einerseits erwies sich die exklusive Führung durch die Schluss-Präsentation der Internationalen Bauausstellung, IBA, Ausstellungszentrum der IBA Wien, in der Nordwestbahnstraße als Magnet – anderseits ist das Thema Planung und Organisation der sozialen Nachhaltigkeit in Wohnbauten eines der Knackpunkte, das nicht nur vor dem Hintergrund der Teuerungen, der Energiekrise, dem Mangel an günstigen Wohnraum und den explodierenden Bau- und Mietkosten die Wohnungswirtschaft beschäftigt. „Hausherr“ Kurt Hofstetter, Koordinator der IBA_ Wien – Neues soziales Wohnen, führte persönlich durch die Highlights der IBA-Projekte und zeigte sich beeindruckt über das große Interesse der Teilnehmer des Symposiums.

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Nach der Begrüßung durch Dieter Groschopf, stv. Geschäftsführer wohnfonds_wien, fonds für wohnbau und stadterneuerung, er versäumte nicht, auf die Vorreiterrolle Wiens hinzuweisen: „soziale Nachhaltigkeit war in der Stadt Wien schon lange vor der Einführung des Vier-Säulen-Modells gelebte Praxis“ – gewährte Christoph Reinprecht, Institut für Soziologie und wissenschaftlicher Leiter für Europäische Studien an der Universität Wien, Einblicke in Regeln, Mechanismen und Skurrilitäten der soziale Nachhaltigkeit: „Soziale Nachhaltigkeit ist halt so ein Begriff – da kann man in Wahrheit alles hineinpacken. Tatsächlich ist der Begriff aus Soziologensicht problematisch, weil er in der Zukunft stattfindet.

Kurt Hofstetter, Koordinator der IBA_Wien – Neues soziales Wohnen, führte persönlich durch die Ausstellung.

Es gibt Kollegen, die bezeichnen den Slogan soziale Nachhaltigkeit als inkohärent und reaktionär. Er beschreibt das Unvorstellbare. Doch was ist das Neue am sozialen Wohnbau? Dass das antizipierende Bewusstsein trainiert wird, und das ist spannend.“ Reinprecht betonte, dass das Wiener Wohnmodell auf eine große Gruppe abzielt und eben nicht nur auf sozial benachteiligte Menschen. „Doch was ist sozial? Das impliziert leistbares Wohnen und dieses Thema ist weltweit in der Krise. Bei der sozialen Nachhaltigkeit ist die Partizipation die entscheidende Frage – das heißt, da ist auch die Hausverwaltung gefordert“, so Reinprecht. Quartier ist nicht gleich Gemeinschaft – die Wohnund Lebensqualität definiert sich nicht nur durch die Ausstattung des Hauses, sondern auch durch das Umfeld.

Und da sieht Reinprecht die Schlüsselrolle im Besiedlungsmanagement, dass die Herkulesaufgabe für die Gemeinschaftsbildung leistet. Er will auch den Bewohnern mehr zutrauen – und Bauträger sollen wagen, das Unvorstellbare zu denken. Für ihn ist das Idealbild der gelungenen sozialen Nachhaltigkeit die versöhnte Gesellschaft. Ein romantischer Anspruch?

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Ganz und gar nicht, wie die Diskussion der Experten zeigte. Wien hat in puncto soziale Nachhaltigkeit die Nase vorn, doch auch in den Bundesländern gibt es innovative Ansätze. Martin Franzmair, Projektleitung bei der IIG – Innsbrucker Immobiliengesellschaft, erzählte vom Campagne-Areal in Innsbruck, ein neuer Stadtteil mit 1.1000 Wohnungen: „Unser Anspruch war, das Quartier zu einem Grätzel zu entwickeln, wo ein gutes Leben für alle möglich ist, dazu banden wir die Bevölkerung und zukünftigen Bewohner aktiv ein.“ Katharina Bayer, einszueins Architektur und Mitglied des Beirats der Wiener Wohnbauinitiative, betonte die Notwendigkeit, den Bestand ebenso zu bedenken, dort ist die soziale Nachhaltigkeit meist eine größere Herausforderung als im Neubau…

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